CRC 1316 Transient Atmospheric Plasmas: From Plasmas to Liquids To Solids

1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12

Forschung

Plasmen als Chemielabor

e kleiner ein Plasma, desto größer ist oft der Messaufbau, um es zu untersuchen. Der Aufwand lohnt sich, denn in Kubik-Millimeter kleinen Plasmen finden sich Reaktionsbedingungen wie nirgendwo sonst. Plasmen mit Atmosphärendruck sind oft nur wenige Kubik-Millimeter groß – aber trotzdem haben sie es in sich. Denn in ihnen lassen sich spezielle Nichtgleichgewichtszustände einstellen, die physikalische und chemische Prozesse erlauben, welche in keiner anderen Umgebung möglich sind. So wird das Plasma zu einer Art Speziallabor: Atome und Moleküle können darin angeregt werden, ohne dass sich ihre Umgebung erhitzt. „Solche Anregungen könnte man theoretisch auch in einem Gas erzeugen, aber dazu müsste man es auf mehrere tausend Grad Kelvin erhitzen – dann würden sich die Moleküle allerdings zersetzen“, erklärt Prof. Dr. Uwe Czarnetzki, Leiter des Lehrstuhls für Plasma- und Atomphysik an der Fakultät für Physik und Astronomie. Seit vielen Jahren entwickelt er mit seinem Team Verfahren, um die Vorgänge im Inneren von Plasmen zu untersuchen und die Plasmen zu charakterisieren. Das Besondere an Plasmen: Über elektrische Felder kann den Elektronen im Plasma Energie zugeführt werden; die Elektronen wiederum wechselwirken mit Molekülen wie Stickstoff oder Kohlendioxid und geben die Energie dabei an diese ab – die Moleküle werden angeregt, und zwar, ohne dass sich die Umgebung dabei erhitzt, wie es in einem Gas der Fall wäre. Die zu Schwingungen angeregten Moleküle besitzen wiederum eine weit höhere Reaktivität als solche im Grundzustand. Man kann also durch das Plasma die Chemie verändern beziehungsweise gewisse chemische Abläufe überhaupt erst ermöglichen. Das Plasma bietet Grundlagenforscherinnen und -forschern somit eine einzigartige Möglichkeit, um die Anregung von Molekülen und die damit verbundene Chemie fernab des thermodynamischen Gleichgewichts zu untersuchen. Uwe Czarnetzki interessiert sich daher vor allem für die Schwingungszustände von Molekülen in Plasmen.